Das ABC von ESG

Anlagen unter Berücksichtigung der Faktoren Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) sind in Anlegerkreisen zu einem zentralen Thema geworden. Die Ereignisse des Jahres 2020 haben in dieser Hinsicht für Rückenwind gesorgt und damit verbundene Trends beschleunigt, so dass eine starke Performance und ein reges Interesse der Anleger verzeichnet wurden. Vermögensverwalter machen nun mit ihrem ESG-Engagement Schlagzeilen, ESG-Strategien stehen in den Listen mit neu aufgelegten Fonds ganz oben, und bestimmte Finanzaufsichtsbehörden weisen dem Thema ESG oberste Priorität zu. Warum der ganze Wirbel? Hier stellt Paul LaCoursiere, Head of ESG Investments, drei Hauptkategorien von ESG-Anlagestrategien vor und betrachtet einige der Gesichtspunkte, die es zu berücksichtigen gilt.
Zentrale Erkenntnisse
- Die meisten ethisch oder sozial verantwortlichen Strategien beruhen auf einem bestimmten Spektrum potenzieller Anlagen, aus dem Titel von Unternehmen ausgeschlossen sind, die als moralisch fraglich gelten (oft als „Sündenaktien“ bezeichnet).
- Beim „integrierten Investieren“ bilden ESG-Überlegungen ein Gegengewicht zu traditionellen Finanzanalysen. Ein Ansatz besteht darin, ESG als Risikokategorie zu betrachten, um zusätzlichen Kontext für den beizulegenden Zeitwert einer Anlage zu bieten. Bei einem anderen Ansatz liegt der Schwerpunkt auf Stewardship (d. h. auf einem aktiven Dialog mit den Unternehmen).
- „Impact Investing“ war anfänglich definiert als die aktive Zuführung von Kapital zu Organisationen, die eine klare Lösung für ein ökologisches oder soziales Problem bieten und damit einen positiven „Impact“, d. h. eine positive Wirkung auf die Gesellschaft erzielen. Inzwischen umfasst dieser Bereich auch eine Unterkategorie von Strategien, die sich auf die Finanzierung oder Förderung von Veränderungen in der allgemeineren Wirtschaftstätigkeit konzentrieren.
- Zu den Herausforderungen, die mit ESG-Anlagen einhergehen, gehören eine mangelhafte Offenlegung entsprechender Daten, die Praxis des „Greenwashings“ und die Abschätzung der Auswirkungen, die ESG auf die Anlageperformance hat. Trotz der Herausforderungen ist deutlich geworden, dass uns das Thema ESG auf Dauer begleiten wird.
Ethisch oder sozial verantwortliches Investieren
Die erste Kategorie ist das „ethische Investieren“, das auch als sozial verantwortliches Investieren bezeichnet wird. Dieser Ansatz ist nicht neu – tatsächlich geht das Konzept auf Richtlinien zurück, die von religiösen Organisationen vor mehr als 100 Jahren erlassen wurden, um zu bestimmen, welche Arten von Anlagen für sie akzeptabel waren. Diese grundlegende Struktur findet auch in der heutigen Praxis noch Anwendung, und die meisten Strategien beruhen auf einem bestimmten Spektrum potenzieller Anlagen, aus dem Titel von Unternehmen ausgeschlossen sind, die als moralisch fraglich gelten (oft als „Sündenaktien“ bezeichnet). Typische Beispiele hierfür wären Alkohol, Schusswaffen, Glücksspiel und Pornografie. Der vorrangige Wert für Anleger besteht in dem Wissen, dass ihr Kapital nicht in Geschäfte fließt, mit denen sie sich unwohl fühlen würden. Dies ist für Anleger eine zunehmend wichtige Überlegung, und es gibt inzwischen auf dem Markt sozial verantwortliche Versionen zahlreicher gängiger Kernanlagestrategien.
Integriertes Investieren
Bei der zweiten Kategorie handelt es sich um das sogenannte „integrierte Investieren“, bei dem ESG-Überlegungen ein Gegengewicht zu traditionellen Finanzanalysen bilden. Ein im Rahmen dieser Kategorie verfolgter Ansatz besteht darin, ESG als Risikokategorie zu betrachten, um zusätzlichen Kontext für den beizulegenden Zeitwert einer Anlage zu bieten. Ein Unternehmen könnte als mit hohem ESG-Risiko behaftet angesehen werden, wenn es beispielsweise mit fossilen Brennstoffen oder Munition in Verbindung gebracht wird. Diese Strategien können durchaus immer noch Anlagepositionen mit hohem ESG-Risiko halten, sofern die Bewertung attraktiv genug ist – ein Ansatz, der bei Anlegern bisweilen für Verwirrung sorgt. Hier kann es hilfreich sein, eine Analogie zum Kreditrisiko und hochverzinslichen Anleihen zu betrachten. Die meisten Positionen in einem Portfolio aus hochverzinslichen Anleihen stammen von Emittenten von Unternehmensanleihen mit einer hohen Bilanzverschuldung (d. h. ein hoher Anteil ihrer Vermögenswerte wird über Schulden finanziert) und daher einem hohen Kreditrisiko. Der Portfoliomanager ist jedoch der Meinung, dass Anleger durch die Bewertung angemessen für dieses Risiko entschädigt werden. Es ist die Aufgabe des Portfoliomanagers, dieses Urteilsvermögen einzubringen.
Ein weiterer Ansatz für integriertes Investieren, der das vorstehend beschriebene Konzept nicht unbedingt ausschließen muss, ist die Konzentration auf Stewardship (d. h. den Dialog mit Unternehmen). Die meisten Anlageformen bieten die Möglichkeit, mit den Menschen in Kontakt zu treten, die für das Management der jeweiligen Aktivitäten verantwortlich sind. Aktienanlagen bieten die Gelegenheit, über Unternehmensbeschlüsse abzustimmen, und die meisten umfangreichen Kapitalbeteiligungen gewähren direkten Zugang zu einem CEO oder Vorsitzenden. Der von Anlagen in Schuldtiteln gewährte Zugang zum Management gilt zwar oft als weniger direkt, in Fällen, in denen eine engere Beziehung zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer besteht, kann jedoch auch dieser Weg Wirkung zeigen. In jedem Fall besteht die Möglichkeit, das Managementteam zu ermutigen oder sogar unter Druck zu setzen, seine ESG-Leistung im Laufe der Zeit zu verbessern. Der Wert dieses Instruments sollte nicht unterschätzt werden, da es mehrere Fälle gegeben hat, in denen Anleger in der Lage waren, erhebliche Veränderungen im Unternehmensverhalten herbeizuführen.
Impact Investing
Die letzte Kategorie ist das „Impact Investing“. Es sollte unbedingt berücksichtigt werden, dass sich die Reichweite dieser Kategorie in letzter Zeit erhöht hat. Anfangs war die Definition eher puristisch und bezog sich auf Anlagestrategien, die Kapital aktiv Organisationen zuführen, die eine klare Lösung für ein ökologisches oder soziales Problem bieten, um so eine positive „Wirkung“ (Impact) auf die Gesellschaft zu erzielen.

Hierbei kann eine Reihe von Themen Berücksichtigung finden, wie z. B. erneuerbare Energien, alternative Antriebsformen oder auch ein besserer Zugang zu medizinischen Leistungen. Inzwischen hat sich das Thema erweitert, so dass es heute eine Reihe von Unterkategorien umfasst, die sich auf die Finanzierung oder Förderung von Veränderungen in der allgemeineren Wirtschaftstätigkeit konzentrieren. Bei bestimmten Themen ergibt sich immer noch ein Einfluss auf die Gesellschaft – das Spektrum der Unternehmen, die für eine Anlage in Frage kommen, ist jedoch größer. Beispielsweise kann ein Aktienanleger in einem herkömmlichen Öl- und Gasunternehmen den „Stewardship“-Weg gehen, um Anreize für das Unternehmen zu setzen, seine Geschäftstätigkeit auf sauberere Energiequellen zu verlagern.
ESG – Die Herausforderungen
Es wäre nachlässig, nicht auf einige der Herausforderungen einzugehen, die mit ESG-Anlagen verbunden sind. Das erste Problem ist eine unzureichende Offenlegung entsprechender Daten. Viele der Kennzahlen, die idealerweise verwendet werden sollten, um die ESG-Leistung eines Unternehmens zu verfolgen, werden nicht systematisch offengelegt, und selbst wenn dies der Fall ist, gibt es oft eine erhebliche zeitliche Verzögerung. Das bedeutet, dass sich Anleger bei ihren Entscheidungen entweder auf Schätzungsverfahren oder auf Gespräche mit der Unternehmensleitung stützen müssen, um die Lücken in Bezug auf die ESG-Leistung und das Engagement des Unternehmens zu füllen. Die zweite Herausforderung ergibt sich aus der Praxis des „Greenwashings“, bei dem Anlagen als ESG-orientiert dargestellt werden, auch wenn sie in Wahrheit keine entsprechende Ausrichtung aufweisen. Die Beurteilung dieses Sachverhalts kann für Anleger sehr schwierig sein, insbesondere bei der Betrachtung integrierter Strategien, die das ESG-Risiko gegenüber der Bewertung abwägen.
Die letzte und möglicherweise größte Herausforderung besteht in der Abschätzung der Auswirkungen, die ESG-Aspekte auf die künftige Anlageperformance haben. Es lassen sich zunehmend Hinweise auf eine positive Beziehung zwischen ESG-Leistungen und Anlagerenditen ausmachen, was natürlich ermutigend ist. Besonders stichhaltig sind die Belege hierfür, wenn man Anlagen innerhalb derselben Branche vergleicht, beispielsweise einen Getränkehersteller mit einem anderen. Diese Hinweise jedoch ins logische Extrem zu extrapolieren (nämlich, dass bessere ESG-Leistungen immer zu einem besseren finanziellen Ergebnis führen), wäre allerdings unangebracht, da meist Unterschiede hinsichtlich der systematischen (Markt-) Risikoprofile berücksichtigt werden müssen. Wir dürfen nicht außer Acht lassen, dass es eine Verbindung zwischen dem systematischen Risiko und den erwarteten Renditen gibt.
Trotz der Herausforderungen ist deutlich geworden, dass uns das Thema ESG auf Dauer begleiten wird. Obwohl es Anstrengung kostet und möglicherweise einer finanziellen Beratung bedarf, sind aktiv verwaltete Portfolios im Gegensatz zu passiven Portfolios besonders gut für die Analyse und das bei ESG-Anlagen erforderliche Engagement geeignet. Diese Fonds oder Strategien können so ausgewählt werden, dass sie auf persönliche Risiko- und Renditepräferenzen abgestimmt sind und der für Sie optimalen Form von ESG-Anlagen entsprechen.
Bei Investments nach den Kriterien „Umwelt, Soziales und Unternehmensführung“ (ESG) oder nachhaltigen Investments werden Faktoren jenseits der traditionellen Finanzanalyse berücksichtigt. Das kann das Anlageuniversum einschränken und dazu führen, dass Performance und Risiken sich von denen am Gesamtmarkt unterscheiden und möglicherweise stärker auf bestimmte Bereiche konzentriert sind.
Beteiligungspapiere unterliegen Risiken, einschließlich des Marktrisikos. Die Renditen schwanken in Abhängigkeit von Emittenten sowie von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen.
Hochzins- oder Ramschanleihen bergen ein höheres Ausfall- und Volatilitätsrisiko und können plötzlichen und kräftigen Kursschwankungen unterliegen.
Das Kreditrisiko bezieht sich auf die Möglichkeit, dass der Emittent der Anleihe nicht in der Lage sein wird, Tilgungs- und Zinszahlungen zu leisten. Das Kapital von hypotheken- oder forderungsbesicherten Wertpapieren kann in der Regel jederzeit vorzeitig zurückgezahlt werden, was die Rendite und den Marktwert dieser Wertpapiere verringert. Eine Anlage in Derivaten ist mit spezifischen Risiken in Bezug auf Liquidität, Hebelung und Bonität verbunden und kann die Rendite verringern und/oder die Volatilität erhöhen.


Die vorstehenden Einschätzungen sind die des Autors zum Zeitpunkt der Veröffentlichung und können von denen anderer Personen/Teams bei Janus Henderson Investors abweichen. Die Bezugnahme auf einzelne Wertpapiere, Fonds, Sektoren oder Indizes in diesem Artikel stellt weder ein Angebot oder eine Aufforderung zu deren Erwerb oder Verkauf dar, noch ist sie Teil eines solchen Angebots oder einer solchen Aufforderung.
Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein zuverlässiger Indikator für die künftige Wertentwicklung. Alle Performance-Angaben beinhalten Erträge und Kapitalgewinne bzw. -verluste, aber keine wiederkehrenden Gebühren oder sonstigen Ausgaben des Fonds.
Der Wert einer Anlage und die Einkünfte aus ihr können steigen oder fallen. Es kann daher sein, dass Sie nicht die gesamte investierte Summe zurückerhalten.
Die Informationen in diesem Artikel stellen keine Anlageberatung dar.
Marketing-Anzeige.