Bitte stellen Sie sicher, dass Javascript zwecks Zugang zur Websiteaktiviert ist Kurzfristige Zinsen zeigen: Realitätscheck bei risikoreicheren Anlagen nötig - Janus Henderson Investors
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Kurzfristige Zinsen zeigen: Realitätscheck bei risikoreicheren Anlagen nötig

Jim Cielinski, Globaler Leiter Fixed Income, erläutert, warum er besorgt ist, dass risikoreichere Anlageklassen die Wahrscheinlichkeit eines Konjunkturabschwungs, der aus steigenden globalen Zinsen resultieren könnte, noch nicht berücksichtigen.

Bild: Kurzfristige Zinsen zeigen: Realitätscheck bei risikoreicheren Anlagen nötig
Jim Cielinski, CFA

Jim Cielinski, CFA

Global Head of Fixed Income


13. Oktober 2022
6 Minuten Lesezeit

Zentrale Erkenntnisse:

  • Weil die US-Notenbank (Fed) den Fokus auf die rückwärts gerichteten Beschäftigungsdaten legt, könnten die eher kurzfristigen Zinsen in den nächsten Monaten noch weiter steigen.
  • Wir sind der Auffassung, dass die risikoreicheren Segmente des Anleihemarkts - ebenso wie Aktien - die von höheren Kapitalkosten und einem Konjunkturabschwung ausgehenden Risiken, welche die Märkte in diesem Jahr belastet haben, noch nicht vollständig eskomptieren.
  • Die Anlegerinnen und Anleger sollten mögliche Quellen für Stress an beiden Märkten und in der Realwirtschaft, die eine systemische Schwäche anzeigen könnten, sehr genau beobachten.

Die Volatilität an den Finanzmärkten ist in diesem Jahr beträchtlich, und das kurze Ende der Renditekurven von US-Treasuries ist sowohl ein Motor als auch ein Barometer für künftige Wirtschafts- und Marktentwicklungen. In Anbetracht einer beinahe unvermeidlichen Konjunkturabschwächung werden Anleihen – unter anderem kurzfristige US-Treasuries – ihrem Status als „sichere Häfen“ nicht gerecht. Schuld daran ist, zu niemandes Überraschung, die höchste Inflation seit Generationen. Wir wussten, dass das letztlich absehbare Ende der akkommodierenden Geldpolitik aus der Zeit der Pandemie nicht reibungslos ablaufen würde. Weil sich die Inflation in vielen Industrieländern aber zweistelligen Jahresraten nähert, wird dies zu einem gefährlichen Prozess. Wir gehen zwar davon aus, dass in den nächsten Monaten in Sachen Inflation das Schlimmste überstanden sein wird, glauben aber, dass die Zinsen volatil bleiben dürften, bis mehr Klarheit herrscht, wann sich die Verbraucherpreise stabilisieren, auf welchem Niveau sie zur Ruhe kommen und – was vielleicht am wichtigsten ist – was der Doppelschlag aus Inflation und höheren Kapitalkosten für das globale Wirtschaftswachstum bedeutet.

Am Anfang eines Übergangs

Der enorme Anstieg der kurzfristigen Zinsen in diesem Jahr geht auf das Bestreben der Notenbanken zurück, die Leitzinsen auf das für die Inflationsbekämpfung nötige Niveau anzuheben. Dies taten sie anfangs recht schleppend. Ende 2021 gingen die Futures-Märkte noch davon aus, dass die Federal Funds Rate bis Dezember 2022 auf 0,82% steigen würde. Aktuell liegt der Leitzins aber bereits bei 3,25%, und die Futures-Märkte rechnen mit einem Anstieg um weitere 100 Basispunkte (Bp.) bis zum Jahresende. Der Anstieg der Rendite der 2-jährigen US-Treasuries um 358 Bp. seit Anfang des Jahres zeigt, dass der Markt die US-Notenbank (Fed) beim Wort nimmt, dass die Eindämmung der Inflation für sie höchste Priorität habe.

Ausgewählte Leitzinsen und Erwartungen zu den Futures-/Swap-Märkten


Quelle: Bloomberg, Stand: 7. Oktober 2022.

Diesbezüglich haben die Ökonomen fast alles getan, was zu tun war. Die Prognosen zum Wirtschaftswachstum wurden nach unten korrigiert, und die Futures-Märkte erkennen für Ende 2023 sogar Potenzial für Zinssenkungen in den USA (nicht unsere Meinung). Nun sind unseres Erachtens die Analysten an der Reihe, ihre Schätzungen an die Realität einer nachlassenden Konjunktur anzupassen. Dies trifft auf das gesamte Risikospektrum zu – auf Aktien wie auf Unternehmensanleihen. In diesem Jahr sind die Konsensprognosen zum globalen Wirtschaftswachstum nach Angaben von Bloomberg von 4,4% auf 2,9% gesunken. Für die USA hat diese Kennzahl von 4,1% auf 1,6% nachgegeben. Die Gewinnschätzungen 2022 für den MSCI World IndexSM und den S&P 500® Index wurden jeweils 2,9% und 2,2% unter ihre zur Jahresmitte erreichten Hochstände gesenkt. Wir bezweifeln, dass dies genug ist. Ebenso erscheint die Rendite von US-Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating mit 5,7% zwar attraktiv, allerdings ist der Großteil dieses Anstiegs auf die höheren Zinsen zurückzuführen. Mit 154 Bp. liegt der Spread zwischen diesen Unternehmensanleihen und ihren risikofreien Benchmarks nicht ansatzweise auf dem Niveau, dem sie sich unseres Erachtens bei einem Konjunkturabschwung annähern sollten.

Zinserhöhungen, bis irgendetwas bricht

Die Aussagen von Fed-Vertretern untermauern ihre neu gewonnene Entschlossenheit im Kampf gegen die Inflation. Mit 3,25% liegt die Federal Funds Rate bereits über dem von der US-Notenbank erwarteten langfristigen neutralen Satz von 2,50%. Diese Differenz wird in den kommenden Monaten beinahe zwangsläufig weiter wachsen. Dahinter steht die Angst der Zentralbanken vor einer Lohn-Preis-Spirale. Deshalb glauben wir, dass die Fed die Zinserhöhungen frühestens dann aussetzen wird, wenn der Stellenzuwachs in den USA weiter anhält und das Lohnwachstum allmählich nachlässt. Sollte die Fed der Auffassung sein, dass eine Abkühlung am Arbeitsmarkt die Voraussetzung ist, um die Inflation einzudämmen, dürfte der immer noch solide Anstieg der Beschäftigung außerhalb der Landwirtschaft um 263.000 Stellen im September - auch wenn er deutlich unter dem Durchschnitt seit Jahresbeginn liegt - weitere bevorstehende Zinserhöhungen signalisieren. Aufgrund der langen, variablen Verzögerung, mit der die Geldpolitik wirkt, dürfte die Fokussierung auf diesen rückwärts gerichteten Indikator bedeuten, dass eine – zumindest – leichte Rezession unvermeidlich ist.

Anders ausgedrückt: Die Fed wird die Zinsen erhöhen, bis irgendetwas bricht. Die Frage ist, was? Die Lage am globalen Anleihemarkt ist bereits stark angespannt. Unsere These, dass die Märkte mit einer systematischen Normalisierung der Zinssätze gut hätten umgehen können, konnte nie überprüft werden, weil die Inflation so rasch stieg. Seither haben die Märkte – mitunter chaotisch – auf neue gesamtwirtschaftliche Realitäten reagiert, von denen die gefloppten Steuerpläne in Großbritannien das jüngste Beispiel sind.

Bislang beschränkten sich die Unruhe und die Turbulenzen auf die Finanzmärkte. Wie die Vergangenheit lehrt, wird dies möglicherweise nicht so bleiben, insbesondere dann, wenn die Fed ihren Fokus ganz gezielt auf die Abkühlung des Arbeitsmarkts legt. Während bei der globalen Finanzkrise die Gefahren in erster Linie vom US-Wohnimmobiliensektor ausgingen, verteilen sich die extrem hohen Schulden – dank der niedrigen Leitzinsen – nun auf alle Teile der Weltwirtschaft. Dass die Risiken verteilt sind, bedeutet allerdings nicht, dass Risiken komplett beseitigt sind. Normalerweise scheitern die schwächsten Segmente der Wirtschaft zuerst. Diese Entwicklungen werden zunächst als typisch für diese Segmente angesehen, bis sie sich häufen. Dann erkennt der Markt, wenn auch zu spät, dass ein systemisches Problem besteht. Ein weiterer Problempunkt ist die Marktstruktur, vor allem angesichts der Höhe der Verschuldung im System. Bei einer explosiven Mischung aus Verschuldung und verbreitetem Einsatz von Derivaten braucht es nur einen kleinen Funken, um Kursverwerfungen oder im schlimmsten Falle einen Einbruch an den Märkten auszulösen.

Wachsamkeit ist gefragt

Die Auswahl an Steinen, die als nächste fallen könnten, ist sehr groß. Variabel verzinsliche Schuldpapiere, Frontiermärkte und Unternehmensanleihen von geringerer Qualität - sie alle müssen sehr aufmerksam beobachtet werden. Die Kapitalkosten steigen in der gesamten Weltwirtschaft. Wenn wir erneut die 2-jährigen US-Treasuries betrachten, zeigt sich, dass ihre realen Renditen (Nominalzins abzüglich Breakeven-Inflationssatz) von unter -3,0% auf 2,3% geklettert sind. Die realen Renditen der 10-jährigen Papiere zeigen einen ähnlichen, aber weniger steilen Anstieg, weil der Markt langfristig eine nachlassende Konjunktur einpreist.

Renditen der 2-jährigen US-Treasuries


Quelle: Bloomberg, Stand: 7. Oktober 2022.

Unseres Erachtens sollte der Fokus der Anleger in den nächsten Monaten auf zwei Aspekten liegen: auf der Inflation und der Frage, ob risikoreichere Anlagen eine nachlassende Konjunktur, sinkende Gewinnmargen und möglicherweise zunehmende Ausfälle umfassender einpreisen. Es gibt auch zwei positive Entwicklungen: Zum einen wahrten die Unternehmensführungen anders als in früheren Zyklen ihre Bilanzdisziplin, indem sie kostengünstig umschuldeten, zum anderen haben die Hypothekengeber in den USA längst nicht so schlechte Entscheidungen getroffen wie vor der globalen Finanzkrise.

Dennoch könnten die Kapitalkosten kurzfristig durchaus weiter steigen, da Arbeitsmarktkennzahlen wie der 4-Wochen-Durchschnitt der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe unter dem Niveau bleiben, ab dem Vorsicht geboten ist. Und schließlich benötigt der Markt – wie die sporadischen, aber letztlich kurzlebigen Rallys belegen – einen Realitätscheck in der Frage, was die Fed und andere Zentralbanken wirklich unter Eindämmung der Inflation verstehen. Ein Rückgang der US-Gesamtinflation von 9,1% auf vielleicht 5,0% würde eine Entwarnung für risikoreichere Anlagen nicht rechtfertigen. In Europa ist dies alles noch schwieriger. In Großbritannien liegt die Gesamtinflation knapp unter 10%, und in der Eurozone auch nicht weit darunter, und die Futures-Märkte gehen davon aus, dass die dortigen Zentralbanken trotz der deutlichen wirtschaftlichen Schwäche die Zinsen bis weit ins Jahr 2023 hinein aggressiv erhöhen werden. Diese Bedingungen sind wie gemacht für eine Stagflation, ein Umfeld, in dem zu erwarten sein dürfte, dass sowohl risikoreiche Anlagen als auch eher sichere Anleihen weiter leiden werden.

EineRenditekurvestellt die Renditen (Zinssätze) von Anleihen mit gleicher Bonität, aber unterschiedlichen Fälligkeiten dar. In der Regel bieten Anleihen mit längeren Laufzeiten höhere Renditen.
Ein Basispunkt (Bp.) entspricht 1/100 Prozentpunkt. 1 Bp. = 0,01%, 100 Bp. = 1%.
Der MSCI World Index spiegelt die Performance der Aktien der internationalen Industrieländer wider.
Der S&P 500® Index spiegelt die Wertentwicklung hochkapitalisierter US-Aktien wider und repräsentiert die Entwicklung des breiten US-Aktienmarkts.
Stagflation bezeichnet einen Konjunkturzyklus, der von langsamem Wachstum und hoher Arbeitslosigkeit in Verbindung mit Inflation gekennzeichnet ist.

Die vorstehenden Einschätzungen sind die des Autors zum Zeitpunkt der Veröffentlichung und können von den Ansichten anderer Personen/Teams bei Janus Henderson Investors abweichen. Die Bezugnahme auf einzelne Wertpapiere stellt keine Empfehlung zum Kauf, Verkauf oder Halten eines Wertpapiers, einer Anlagestrategie oder eines Marktsektors dar und sollten nicht als gewinnbringend angesehen werden. Janus Henderson Investors, die mit ihr verbundenen Berater oder ihre Mitarbeiter haben möglicherweise eine Position in den genannten Wertpapieren.

 

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Die Informationen in diesem Artikel stellen keine Anlageberatung dar.

 

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