Bitte stellen Sie sicher, dass Javascript zwecks Zugang zur Websiteaktiviert ist Sind Value-Strategien und ESG miteinander vereinbar? - Janus Henderson Investors
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Sind Value-Strategien und ESG miteinander vereinbar?

Richard Brown, Kundenportfoliomanager im European Equities-Team, das von John Bennett geleitet wird, erklärt, warum bei ESG-Investments ein Value-Ansatz ratsam ist.

Richard Brown, CFA

Richard Brown, CFA

Client Portfoliomanager


John Bennett

John Bennett

Director of European Equities | Portfoliomanager


22. September 2022
5 Minuten Lesezeit

Zentrale Erkenntnisse:

  • ESG-Produkte aus Europa, die sich bislang als immun gegen eine steigende Risikoaversion an den Aktienmärkten erwiesen hatten, gerieten seit Jahresbeginn infolge der erhöhten Volatilität unter Druck.
  • Die Daten zeigen eine vernachlässigbare Korrelation zwischen dem ESG-Score und der Bewertung einer Aktie, was darauf schließen lässt, dass ein hoher ESG-Score nicht zwangsläufig bedeutet, dass eine Aktie auch teuer ist.
  • Wir glauben vielmehr, dass Value-Anleger ein breites Spektrum an günstig bewerteten Aktien zur Auswahl haben, die auch in Sachen ESG gut abschneiden.

ESG-Aktienfonds aus Europa verbuchten seit 2016 hohe Kapitalzuflüsse, verzeichneten im zweiten Quartal 2022 jedoch erstmals Abflüsse. Während die enorme Verunsicherung an den Märkten seit Jahresbeginn die meisten Aktienstrategien vor Herausforderungen gestellt hat, ist es doch bemerkenswert, dass die Kapitalflüsse in ESG-Strategien ins Minus gerutscht sind, was in früheren Risk-off-Phasen nicht der Fall war.

Dies dürfte kaum darauf zurückzuführen sein, dass sich die Anlegergemeinschaft und ihre Kunden von nachhaltigen Investments abwenden. Allerdings fragen sich viele Kunden, warum ihre ESG-Investments ein derart hohes Sektor- und Faktorexposure aufwiesen, dass sie 2022 deutlich hinter dem Gesamtmarkt zurückgeblieben sind. ESG-Positionen gehen üblicherweise mit einer überdurchschnittlichen Übergewichtung in Technologiewerten und einer überdurchschnittlichen Untergewichtung im Energiesektor einher, weshalb sie besonders stark in Wachstumswerten investiert sind. Während diese Ausrichtung vielen ESG-Portfolios in den letzten Jahren zugutekam, fragen sich nun viele Anleger, ob die hohe Inflation den kommenden Marktzyklus dominieren wird.

Historisch sind bei einer höheren Trendinflation auch die Zinsen höher – ein Umfeld, in dem Value-Aktien tendenziell besser abschneiden als Growth-Aktien. So verzeichneten die Sektoren Telekommunikation, Versorgung, Energie, Bergbau und Baumaterialien in Zeiträumen mit erhöhter Inflation (1970er Jahre und 2003 bis 2006) die beste Performance – also jene Sektoren, die viele ESG-Fonds pauschal ausschließen.

Was also können Anleger, die ihr Kapital verantwortlich investieren und hohe risikobereinigte Renditen erzielen möchten, nun tun? Die Antwort auf diese Frage lautete traditionell, in Value-Strategien zu investieren. Doch sind Value-Strategien und ESG miteinander vereinbar?

Die kurze Antwort lautet: JA.

Die nachfolgende Grafik stellt die ESG-Gesamtscores der beiden Drittanbieter MSCI und Sustainalytics für den europäischen Aktienmarkt im Vergleich zu den aktuellen Bewertungen dar. Als Maßstab für die Bewertungen wurde das Kurs-Buchwert-Verhältnis herangezogen, das eine stabilere Kennzahl ist als Gewinnmultiplikatoren wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis. Beide Grafiken in Abbildung 1 zeigen, dass die ESG-Scores eine geringe bzw. keine Korrelation mit den Bewertungen aufweist (r-Quadrat <0,0009), was darauf schließen lässt, dass das Aktienuniversum nicht ausschließlich aus „teuren“ Aktien mit hohem ESG-Score besteht. Wir glauben vielmehr, dass Value-Anleger ein breites Spektrum an günstig bewerteten Aktien zur Auswahl haben, die auch in Sachen ESG gut abschneiden.

Abbildung 1: ESG-Scores und Marktbewertungen korrelieren nicht miteinander

Quelle: Morningstar, Analysen von Janus Henderson Investors (Stand: 30. Juni 2022)

Quelle: Sustainalytics, Analysen von Janus Henderson Investors (Stand: 30. Juni 2022)

Das Problem einer übermäßigen Ausrichtung auf bestimmte Bereiche entsteht häufig, wenn ESG-Kriterien auf Ebene ganzer Sektoren und nicht auf Ebene der einzelnen Aktien angewendet werden. Wir werfen im Folgenden einen genaueren Blick auf die Sektoren, die allgemein als Absicherung gegen eine hohe Inflation gelten, darunter Energie, Werkstoffe und Versorgungsdienste, und vergleichen sie mit dem Technologiesektor, in dem der Konsens derzeit am stärksten übergewichtet ist.

Zunächst wird in Abbildung 2 die Kohlenstoffintensität betrachtet (die Menge der Scope-1- und Scope-2-Emissionen, die pro Umsatzeinheit erzeugt werden).

Abbildung 2: Durchschnittliche CO₂-Intensität pro Sektor (Scope 1 und 2-Emissionen)

Quelle: Janus Henderson Investors, MSCI (Stand: 30. Juni 2022)

Auf den ersten Blick mag es logisch erscheinen, die größten CO₂-Emittenten pauschal aus dem Anlageuniversum auszuschließen, um die Welt nachhaltiger zu machen. Dabei übersieht man jedoch, dass viele CO₂-intensive Unternehmen eine enorm wichtige und notwendige gesellschaftliche Aufgabe erfüllen (Heizung der Häuser, Bau von Schulen und Krankenhäusern usw.). Darüber hinaus spielen diese Sektoren eine zentrale Rolle dabei, dass eine „geordnete“ Umstellung auf Netto-Null gelingt. Zudem wird aus Sicht der Portfoliokonstruktion bei pauschalen Sektorausschlüssen verhindert, dass jene Sektoren Kapital erhalten, die dazu beitragen, Anleger in Zeiten höherer Inflation zu schützen.

Wenn man die ESG-Kennzahlen und die Bewertungen dieser CO₂-intensiven Sektoren näher betrachtet, stellt man interessanterweise fest, dass die relativ CO₂-intensiven Sektoren im Vergleich zum Technologiesektor bessere ESG-Profile aufweisen – jedoch zugleich auch niedrigere Bewertungen (Abbildung 3). Value-Manager finden somit vielversprechende Anlagechancen in Unternehmen vor, die nicht nur eine starke ESG-Performance aufweisen, sondern auch angemessen bewertet sind.

Abbildung 3: ESG-Gesamtscore und Bewertung

Quelle: Janus Henderson Investors (Stand: 30. Juni 2022)

Fazit

Auch wenn es derzeit schwierig ist, von der mittelfristigen Inflationsentwicklung fest überzeugt zu sein, so hat der Markt doch zunehmend ein höheres Zinsniveau eingepreist, als wir es in den letzten 15 Jahren erlebt haben. Bleibt es bei dieser Zinserwartung, dürfte es für Anleger ratsam sein, ihre Allokation in Wachstums- und insbesondere in Technologiewerten zu diversifizieren, um ihre risikobereinigten Anlageziele zu erreichen. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie das Bestreben, ihr Kapital in verantwortlich handelnden Unternehmen und Geschäftsführungen zu investieren, aufgeben müssen. Vielmehr sollten sie auf Assetmanager zurückgreifen, die eine Bewertung der einzelnen Aktien vornehmen, anstatt starre, pauschale Sektorausschlüsse vorzunehmen.

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) misst den Aktienkurs im Vergleich zum Gewinn je Aktie für einen oder mehrere Portfoliotitel.

Das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) misst den Aktienkurs im Vergleich zum Buchwert je Aktie.

R-Quadrat (R²) misst die Beziehung zwischen Portfolio- und Indexperformance auf einer Skala von 0,00 (0 %) bis 1,00 (100 %). Ein höheres R² zeigt an, dass ein größerer Teil der Portfolioperformance von Marktbewegungen beeinflusst wird und umgekehrt.

Bei Investments nach den Kriterien „Umwelt, Soziales und Unternehmensführung“ (ESG) oder nachhaltigen Investments werden Faktoren jenseits der traditionellen Finanzanalyse berücksichtigt. Das kann das Anlageuniversum einschränken und dazu führen, dass Performance und Risiken sich von denen am Gesamtmarkt unterscheiden und möglicherweise stärker auf bestimmte Bereiche konzentriert sind.

Beteiligungspapiere unterliegen Risiken, einschließlich des Marktrisikos. Die Renditen schwanken in Abhängigkeit von Emittenten sowie von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen.

Wachstumsaktien  sind mit einem höheren Risiko von Verlusten oder Kursschwankungen verbunden und können ihr wahrgenommenes Wachstumspotenzial möglicherweise nicht realisieren.

Substanzwerte können vom Markt über lange Zeiträume weiterhin unterbewertet werden und steigen möglicherweise nicht so stark an wie erwartet.

Technologiebranchen können erheblich von der Veralterung bestehender Technologien, kurzen Produktzyklen, sinkenden Preisen und Gewinnen, dem Wettbewerb durch neue Marktteilnehmer und der allgemeinen Wirtschaftslage betroffen sein. Ein konzentriertes Investment in einer einzelnen Branche kann stärkeren Wertschwankungen unterliegen als dies bei weniger konzentrierten Anlagen und am Gesamtmarkt der Fall ist.

Die Energiebranche kann durch Schwankungen der Energiepreise, des Angebots an und der Nachfrage nach Kraftstoffen, durch Umweltschutzmaßnahmen, den Erfolg von Explorationsprojekten sowie durch steuerliche und andere staatliche Regelungen erheblich beeinflusst werden.

Eine Diversifizierung garantiert weder das Erzielen von Gewinnen noch eliminiert es das Risiko von Anlageverlusten.

Die vorstehenden Einschätzungen sind die des Autors zum Zeitpunkt der Veröffentlichung und können von den Ansichten anderer Personen/Teams bei Janus Henderson Investors abweichen. Die Bezugnahme auf einzelne Wertpapiere stellt keine Empfehlung zum Kauf, Verkauf oder Halten eines Wertpapiers, einer Anlagestrategie oder eines Marktsektors dar und sollten nicht als gewinnbringend angesehen werden. Janus Henderson Investors, die mit ihr verbundenen Berater oder ihre Mitarbeiter haben möglicherweise eine Position in den genannten Wertpapieren.

 

Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein zuverlässiger Indikator für die künftige Wertentwicklung. Alle Performance-Angaben beinhalten Erträge und Kapitalgewinne bzw. -verluste, aber keine wiederkehrenden Gebühren oder sonstigen Ausgaben des Fonds.

 

Der Wert einer Anlage und die Einkünfte aus ihr können steigen oder fallen. Es kann daher sein, dass Sie nicht die gesamte investierte Summe zurückerhalten.

 

Die Informationen in diesem Artikel stellen keine Anlageberatung dar.

 

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